
Ist die Alzheimer-Krankheit vererbbar?
Teil I – Das Risiko-Gen „APO-E4“
Schon seit einiger Zeit versucht die Forschung die erblich bedingten Aspekte der Alzheimer-Erkrankung zu untersuchen. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, welche Gene können als Hochrisiko-Gene weitervererbt werden und erhöhen somit die Wahrscheinlichkeit an einer Alzheimer-Demenz zu erkranken.
Als der größte bisher erkannte Faktor erblich bedingter Alzheimer-Demenz gilt ein spezielles Gen mit der Bezeichnung APO-E4, welches im erheblichen Maße Einfluss auf eine spät einsetzende Alzheimer-Demenz hat. Das Gen enthält den Bauplan für das gleichnamige Protein[1]. Insgesamt gibt es drei Varianten des APO-E-Proteins: APO-E2, APO-E3 und APO-E4.
APO steht dabei für die Proteinfamilie der Apolipoproteine und könnte als eine Art Postbote beschrieben werden, der essenzielle Nährstoffe (Fette) zur Nervenzelle transportiert. Damit stellt das APO-Protein einen wichtigen Bestandteil des Fettstoffwechsels im Gehirn dar.
Insbesondere der Transport[2] der Fette hin zur Nervenzelle kann bei der Beteiligung des APO-E4-Proteins gestört sein. Das Protein bindet sich an einen Transportstoff (Rezeptor) namens Sortilin. Normalerweise setzt das Sortilin das APO-Protein mitsamt dem geladenen Fett in der Nervenzelle ab und wird recycelt, um ein neues APO-E Protein abzuholen. Eine Forschungsgruppe aus Berlin fand heraus, dass wohl die Beschaffenheit des APO-E4-Proteins dazu beiträgt, dass Sortilin in der Nervenzelle verklumpt und nicht mehr zur Zellmembran zurückkehren kann[3]. Der Transportprozess ist somit gestört und die Nervenzelle wird anfälliger für Entzündungen, bis hin zum Zelltod. Die nachstehenden Abbildungen zeigen stark vereinfacht[4] den Lipidtransport unter Beteiligung des Sortilins und der Proteine APO-E3 und APO-E4[5]:


Während der gleiche Vorgang mit dem APO-E3-Protein reibungslos verläuft, besteht für Menschen, die über das APO-E4-Gen verfügen eine höhere Wahrscheinlichkeit an Alzheimer zu erkranken. Kommt das Gen doppelt vor – d. h. ist jeweils ein Gen von beiden Elternteilen vererbt worden (homozygot), steigt das Risiko einer Alzheimer-Erkrankung um das 10 – 15-fache an – die nachfolgende Übersicht verdeutlicht die Wahrscheinlichkeiten nochmal:
| Genotyp | Geschätztes Risiko im Vergleich zu APOE3 | Bemerkungen |
| APOE3/APOE3 | Basisrisiko | Häufigste Variante in der Bevölkerung |
| APOE3/APOE4 | ca. 2–3-fach erhöht | Heterozygot: eine Kopie von APOE4 |
| APOE4/APOE4 | ca. 10–15-fach erhöht | Homozygot: zwei Kopien von APOE4 |
Obwohl mit dem Vorhandensein des APO-E4-Gens eine höhere Wahrscheinlichkeit an Alzheimer zu erkranken einhergeht, sollte bedacht werden, dass nicht bei jedem, der Träger eines APO-E4-Gens ist, die Erkrankung auch tatsächlich auftreten wird.
Dennoch diskutiert die jüngere Forschung die Frage, ob nicht das Auftreten von zwei Kopien des APO-E4-Gens schon als sichere Voraussetzung einer Alzheimererkrankung betrachtet werden kann. Dies geht auf eine Untersuchung des spanischen Forscherteams um Juan Fortera zurück, der nach einer Analyse zahlreicher Studien mit mehr als 13.000 Patientinnen und Patienten herausfand, dass bei denjenigen Patienten, die zwei APO-E4-Gene hatten, nahezu jede/r im weiteren Lebensverlauf an Alzheimer erkrankt war[6].
Welche Form es neben dem APO-E4-Gen noch zur erblich bedingten Alzheimer-Erkrankung führt, wird in Teil II unserer Fragestellung „Ist die Alzheimer-Krankheit vererbbar?“ erörtert.
[1] https://www.alzheimer-forschung.de/alzheimer/wasistalzheimer/genetische-grundlagen/apoe4/ (Zugriff: 30.07.2025)
[2] Der Transportvorgang wird „Endozytose“ genannt.
[3] https://alz-journals.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/alz.12121; siehe auch: https://www.mdc-berlin.de/de/news/press/was-apoe4-fuers-gehirn-gefaehrlich-macht (Zugriff: 30.07.2025)
[4] Der Transportprozess ist deutlich komplexer, da u.a. die Lipide zunächst in sog. endosomale Kompartiments gelangen und ein weiteres intrazelluläres Transportprotein namens FABP-7 beteiligt ist.
[5] die Abbildungen folgen in etwa der Studie von Dr. Asaro – abrufbar unter: https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2021.05.20.444938v1.full (Zugriff: 30.07.2025)
[6] https://www.nature.com/articles/s41591-024-02931-w ; siehe auch: https://www.alzheimer-forschung.de/alzheimer/wasistalzheimer/genetische-grundlagen/apoe4/ (Zugriff: 30.07.2025)
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